Was ist ein Stimmbandpolyp?
Ein Stimmbandpolyp ist eine meist einseitig wachsende Gewebeveränderung von unterschiedlicher Größe und Gestalt. Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Polypen:
- Blutgefäßpolypen
- Gallertpolypen
Bei den „Blutgefäßpolypen“ handelt es sich um meist rötlich-braune Veränderungen, die von kleinen Kapillargefäßen durchzogen sind. Häufig sieht man auch auf dem Stimmlippenkörper verdickte Blutgefäße, die in Richtung dieser Polypen ziehen.
Bei den sogenannten „Gallertpolypen“ findet man mehr oder weniger große Gebilde von glasiger, durchscheinender Oberflächenstruktur.
Daneben können auch alle möglichen Mischformen in polypöser Form auftreten. Stimmlippenpolypen sind meist im mittleren bis vorderen Drittel der Stimmlippen lokalisiert und führen aufgrund ihrer Blockierung des Stimmlippenschlusses sowie der Beeinträchtigung der Stimmlippenschwingung zu einer mehr oder weniger störenden Heiserkeit.
kleiner hämorrhagischer Stimmbandpolyp
Wie entsteht ein Stimmlippenpolyp?
Stimmlippenpolypen, die grundsätzlich zu den häufigsten organischen Stimmstörungen gehören, entstehen zumeist einseitig, selten auch beidseitig aufgrund einer übermäßigen Belastung der Stimme. Meistens wird ein exzessiver Gebrauch der Sprech- oder Singstimme vom Patienten angegeben.
Dabei kann der übermäßige Stimmgebrauch über längere Zeit bestehen, also chronisch sein, es ist aber auch möglich, daß ein einmaliges Ereignis, ein sogenanntes Phonotrauma zu der Bildung eines Stimmlippenpolypen geführt hat.
In vielen Fällen ist die Entstehung eines Stimmlippenpolypen mit dem Zigarettenrauchen vergesellschaftet. Stimmbandpolypen treten in der überwiegenden Zahl bei Männern auf.
großer hämorrhagischer Stimmbandpolyp
Welche Beschwerden verursacht ein Stimmbandpolyp?
- heisere und raue Stimme
- Wechsel zwischen Heiserkeit und klarer Stimme
- schnelles Ermüden der Stimme
- selten: Atembeschwerden
Patienten mit Stimmbandpolypen beklagen zumeist eine raue, heisere Stimme, eine Einschränkung der stimmlichen Belastbarkeit sowie ein schnelles Ermüden der Stimme.
Zuweilen kommt es vor, dass ein Polyp gestielt ist und er im Atemstrom „pendelt“. Dies bedeutet, dass er sich zwischen den Stimmbändern befindet und eine Heiserkeit verursacht, zeitweise aber auch unter der Stimmbandebene lokalisiert ist. In diesem Fall klingt die Stimme weitgehend klar.
Nimmt ein Stimmlippenpolyp eine erhebliche Größe an, kann er die Stimmlippen vollständig blockieren, so dass es zur Beeinträchtigung der Atmung kommen kann.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
- Stimmchirurgie
Ohne Einfluss auf das Störungsbild sind:
- Medikamentöse Therapie
- Inhalationen
- Stimmtherapie
Stimmlippenpolypen sind aufgrund ihrer Pathogenese einer stimmtherapeutischen Behandlung nicht zugänglich. Therapeutische Übungen können dem Patienten lediglich helfen, die Heiserkeit im Frühstadium etwas zu kompensieren.
Grundsätzlich gilt jedoch, dass ein Stimmbandpolyp nur im Rahmen einer stimmchirurgischen Operation erfolgreich behandelt werden kann (siehe Operation Stimmbandpolyp).
Beispiel für die stimmchirurgische Behandlung von Stimmbandpolypen
Stimmbandpolyp vor der OP
Stimmbandpolyp nach der OP
Wahrheit und Mythen über Stimmbandpolypen
Bei einem Stimmbandpolyp handelt es sich grundsätzlich nicht um eine Form von Stimmbandkrebs. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich in einzelnen Fällen oberflächliche Verhornungen an der Polypenoberfläche ausbilden.
Sekundäre bösartige Veränderungen sind daher nicht prinzipiell auszuschließen. Desweiteren ist möglich, dass sich Stimmbandpolypen mit Stimmlippenkarzinomen der Gegenseite ausbilden können.
Fallbeispiel Stimmbandpolyp
Ein 46-jähirger Kfz-Mechaniker bemerkt seit einigen Monaten zunehmende Heiserkeit. Die Stimme sei rau und tief, das Sprechen insbesondere das laute Rufen in der Werkstatt sei zunehmend anstrengend, die Stimme ermüde deutlich früher als noch vor wenigen Monaten.
Der Patient gibt einen Zigarettenkonsum von ca. 10 Zigaretten pro Tag an, dieses jedoch schon seit über 20 Jahren. Bei genauem Befragen gibt er an, daß er vor einigen Monaten in der Kfz-Werkstatt sehr laut schreien musste, um sich trotz eines laufenden Automotors Gehör zu verschaffen. Danach sei die Stimme zunehmend schlechter geworden.
Die videostroboskopische Untersuchung beim Facharzt zeigt einen mittelgroßen hämorrhagischen Polypen (Blutgefäßpolyp) der rechten Seite, am Rand der linken Stimmlippe zeigt sich gegenüberliegend eine Eindellung. Die Schwingungen der rechten Stimmlippe sind gegenüber links deutlich vergröbert. Ein Stimmlippenschluss nicht mehr möglich. Der Stimmklang ist rau und die mittlere Sprechstimmlage deutlich abgesenkt.
Der Patient gibt an, nicht mehr singen zu können.
Dem Patienten wird zu einer stimmchirurgischen Operation geraten. Dabei kommt die Operationsmethode der plastischen Rekonstruktion zur Anwendung. Nach erfolgreicher Operation und 14-tägiger Stimmruhephase zeigen beide Stimmlippen einen glatten Stimmlippenrand, seitengleiche Schwingungsverhältnisse sowie einen vollständigen Stimmlippenschluss.
Der Stimmklang ist dicht und klar, die mittlere Sprechstimmlage deutlich angehoben. Der Patient empfindet seine Stimme so wie vor dem (Phono-) Trauma in der Kfz-Werkstatt. Der Patient hat seinen Zigarettenkonsum trotz intensiver Beratung nicht aufgeben können. Er wird jedoch in Zukunft mit lautem Sprechen und Rufen zurückhaltender sein.