Was ist eine Stimmbandzyste?
Eine Stimmbandzyste ist eine fast immer einseitig auftretende rundliche bis ovale Struktur, die im mittleren Drittel des Stimmlippenkörpers imponiert. Dabei ist die Zyste nicht an der Oberfläche des Stimmlippenkörpers lokalisiert, sondern tief im Gewebe des Reinke´schen Raumes.
Stimmlippenzysten haben meist einen gelblich bis weißen Aspekt, können von kleiner Gestalt sein, aber zuweilen auch erhebliche Größe annehmen und den Stimmlippenkörper stark verformen.
Am häufigsten sind die sogenannten Schleimretentionszysten. Hier ist die Zyste außen von einem Zystensack umgeben, zu welchem häufig auffällige prominente Blutgefäße ziehen. Im Inneren ist die Zyste mit gelblich weißem Sekret gefüllt.
Bei der stroboskopischen Untersuchung zeigen sich auffällige Einschränkungen in der Abrollbewegung und Amplitudenschwingung der Stimmlippenschleimhaut.
kleinere Stimmlippenzyste
Wie entsteht eine Stimmbandzyste?
Es gibt zwei verschiedene Formen von Zysten am Stimmband:
- Schleimretentionszysten
- Epidermoidzysten
Die Entstehung von Stimmbandzysten ist nicht eindeutig geklärt. Man vermutet, dass bei den sogenannten Schleimretentionszysten im Rahmen eines Entzündungsgeschehens oder aufgrund übermäßigen Stimmgebrauchs die Ausführungsgänge einer oder mehrerer Schleimdrüsen verstopfen, das von den Drüsen produzierte Sekret nicht mehr nach außen abfließen kann und sich somit im Inneren der Drüse staut. Nach einiger Zeit formt der nachproduzierte Schleim eine Zyste, die sozusagen in den Stimmlippenkörper hinein wächst.
Daneben gibt es die sogenannten Epidermoidzysten. Man vermutet, dass es sich um angeborene Veränderungen handelt. Diese Stimmlippenzysten sind meist deutlich kleiner und fallen als Zufallsbefund bei dauerhaft heiseren Patienten auf. In seltenen Fällen können diese Zysten auch beidseitig auftreten.
mittelgroße Stimmbandzyste
Welche Beschwerden verursacht eine Stimmlippenzyste?
Stimmlippenzysten fallen durch eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Heiserkeit auf. Aufgrund der Schwellung im mittleren Drittel der Stimmlippen kommt es zu einer meist erheblichen Beeinträchtigung der Stimmlippenschwingungen und damit zu einer rauen, heiseren Stimme.
Der Grad der Heiserkeit nimmt mit zunehmender Zystengröße zu. Es kann jedoch passieren, dass zwischenzeitlich die Zyste platzt, sich ein Teil des Sekretes entleert, sich der Zystensack danach aber wieder schließt.
Das hat zur Folge, dass sich eine starke Heiserkeit plötzlich normalisiert (nämlich in dem Moment, wo die Zyste platzt), sich die Heiserkeit danach aber langsam wieder einstellt (nämlich in dem Maße, wie sich der Zystensack wieder mit Sekret füllt).
In seltenen Fällen können Stimmbandzysten so groß werden, dass sie die Atmung beeinträchtigen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
- Stimmchirurgie
Ohne Einfluss auf das Störungsbild sind:
- Medikamentöse Therapie
- Inhalation
- Stimmtherapie
Stimmlippenzysten gehören zu den Störungen, die ausschließlich auf eine stimmchirurgische Behandlung ansprechen. Da sie tief im Stimmlippenkörper lokalisiert sind, sind Inhalationen oder Medikamente nicht hilfreich.
Auch eine stimmtherapeutische Übungsbehandlung kann dem Patienten in den Frühstadien lediglich dabei helfen, die Stimmstörung ein wenig zu kompensieren.
Grundsätzlich gilt, dass eine Stimmbandzyste nur chirurgisch saniert werden kann.
Die phonochirurgische Intervention bei Stimmbandzysten wird ausführlich auf der Seite Operation Stimmbandzyste erläutert.
Beispiel für die stimmchirurgische Behandlung einer Stimmbandzyste
Stimmlippenzyste vor der OP
Stimmlippenzyste nach der OP
Wahrheit und Mythen über Stimmbandzysten
Es handelt sich bei einer Stimmbandzyste um eine primär solitäre Erkrankung einer Stimmlippe. Die häufig von Patienten geäußerte Vermutung, es könnte ein Zusammenhang zwischen Stimmbandzysten und zystischen Erkrankungen anderer Organe wie z. B. Nieren- oder Leberzysten bestehen, ist bisher nicht nachgewiesen.
Ebenfalls ist nicht davon auszugehen, dass ein Patient mit einer Stimmbandzyste weitere Zysten an den Stimmlippen oder in anderen Bereich seines Körpers entwickelt.
Fallbeispiel Stimmlippenzyste
Ein 52-jähriger Filmregisseur stellt seit ca. acht Monaten zunehmende Heiserkeit fest. Die Stimme sei anfangs leicht belegt und rau gewesen, im Verlauf der Monate habe sich eine erhebliche Heiserkeit sowie ein Tieferwerden der Stimme eingestellt. Das Sprechen fällt schwer, insbesondere das laute Rufen am Filmset ist zunehmend anstrengend. Die Stimme ermüde deutlich früher als noch vor kurzer Zeit.
Der Patient gibt einen Zigarettenkonsum von 5-10 Zigaretten pro Tag an. Darüber hinaus betont er, vor Beginn der Heiserkeit an einer schweren Kehlkopfentzündung gelitten zu haben. Aufgrund beruflicher Notwendigkeiten musste er trotz der Laryngitis die Stimme stark beanspruchen. Danach hätten die Beschwerden begonnen.
Die videostroboskopische Untersuchung zeigt im mittleren Drittel der linken Stimmlippe eine ausgeprägte klassische Stimmlippenzyste, die den Stimmlippenrand mittenwärts wölbt. Die Schwingungen sind gegenüber der rechten Seite erheblich eingeschränkt, der Stimmlippenschluss nicht mehr möglich, da die Zyste ein erhebliches Blockadehindernis für den Stimmlippenschluss darstellt.
Der Stimmklang ist heiser, rau, die mittlere Sprechstimmlage deutlich tiefer als normal. Die Singstimme ist nicht mehr existent.
Dem Patienten wird geraten, sich einer phonochirurgischen Operation zu unterziehen. Dabei kommt die Methode der plastischen Rekonstruktion zur Anwendung. Nach erfolgreicher Operation und einer zweiwöchigen Stimmruhephase zeigt die betroffene Stimmlippe einen glatten Stimmlippenrand, der gegenüber der anderen Seite minimal eingesenkt ist. Die Schwingungen sind weitgehend seitengleich. Es besteht ein vollständiger Stimmlippenschluss. Der Stimmklang ist dicht und klar, die mittlere Sprechstimmlage wird vom Patienten als normal angegeben. Er empfindet seine Stimme so wie zum Zeitpunkt vor Einsetzen der Heiserkeit.
Der Patient hatte sich nach einem Jahr zur Kontrolle vorgestellt. Ein Wiederauftreten von Zysten auf den Stimmbändern konnte nicht festgestellt werden. Die leichte Einsenkung des Stimmlippenrandes hatte sich in der Zwischenzeit normalisiert, es waren nun vollständig seitengleiche Schwingungsverhältnisse feststellbar.